Architektur heute – In welche Richtung geht der Trend? Teil II
Interview mit Herrn Schmale von Schmale Architekten
Seit bereits 17 Jahren realisieren Sie erfolgreiche Projekte in der Region Rhein-Ruhr. Hat die Corona-Pandemie Ihren Blick auf die Architektur und Quartiersentwicklung verändert? Wenn ja, wie?
Da wir uns schon seit Beginn unserer Arbeit mit diesen Themen auseinandersetzen, würde ich nicht unbedingt sagen, dass sich der Blick auf die Architektur durch Corona verändert. Aber die Pandemie katapultiert unsere Bedürfnisse nach vorne. Wir spüren viel deutlicher, was uns fehlt, was wir brauchen und was nicht. Und damit wird auch der Wille beschleunigt, Veränderungen umzusetzen. Bei uns von Schmale Architekten war das auch direkt spürbar. Wir haben seit Beginn der Pandemie unser Büro vollständig umgebaut. Uns ist sehr schnell bewusst geworden, dass wir eine Veränderung brauchen und haben darum ein neues innenarchitektonisches Konzept entwickelt und sehr schnell umgesetzt. In unserem Büro stehen jetzt Pflanzen im Fokus. Die Mitarbeiter können so mit dem sie umgebenden Grün in Kontakt treten. Darum stehen die Pflanzen nicht auf dem Boden, sondern sind auf Augenhöhe platziert und wachsen förmlich aus den Möbeln und Arbeitsbereichen.
Durch Corona haben wir wieder gelernt, Besonderes als Besonderes wahrzunehmen. Vorher wurden Dinge häufig nicht bedacht und reflektiert, dies ist etwas, was Architektur gut leisten kann. Denn sie ist zukunftsbezogen und entwickelt neue Strukturen.
Urlaub zuhause statt am Meer, neue Lust auf Heimwerken und Gartenarbeit – aber auch Isolation und die Probleme gerade der “Risikogruppen“: Welche Wohnvorstellungen beschäftigen die Menschen im Moment?
Ich glaube, dass die Themen, die durch Corona zutage kommen, hauptsächlich die Themen sind, die die Menschen schon lange beschäftigen. Vielen ist wieder bewusst geworden, wie wichtig es ist, sich in die Natur zurückziehen zu können. Besonders während des harten Lockdowns, ist vielen auch die Qualität des Lebens auf dem Land wieder bewusst geworden: Hier konnte man die persönlichen Freiheiten leichter bewahren. Den Menschen wird wieder bewusster, wie sehr sie den Zugang zur Natur brauchen. Dieser Wunsch wird beispielsweise in dem vermehrten Kauf von Innenraumbegrünung deutlich. Diese bringt uns nicht nur der Natur wieder näher, sondern sorgt ganz nebenbei auch für bessere Raumluft. Auch der Wunsch nach schönen Gärten mit gemütlichen Loungemöbeln spiegelt das Bestreben, wieder mehr Zeit draußen zu verbringen. So können wir auch Wohnqualitäten im Außenraum generieren und als Teil unserer Lebensqualität aufnehmen. Auch Materialität wird wieder wichtiger: Die Menschen wollen wissen, woher die Produkte, die sie konsumieren, kommen. Immer häufiger wird auf Holz zurückgegriffen. Der traditionelle, weiche Werkstoff ist im Moment sehr begehrt.
Auch das Thema Home-Office ist während der Corona-Pandemie sehr präsent. Schmale Architekten hat seinen Kunden schon vor 20 Jahren empfohlen, Module in Wohnungen zu integrieren, in denen ungestört gearbeitet werden kann. Dies beschäftigt die Menschen nun vermehrt, wie sie sich auch in den eigenen vier Wänden ein funktionierendes Arbeitsumfeld schaffen können.
Räumlich nicht weit entfernt von Ihrem Architekturbüro sitzt die GERT LICHIUS Unternehmensgruppe mit der Sie bereits zusammengearbeitet haben. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?
GERT Lichius haben die philosophischen Ansätze gefallen, die wir in unserer Architektur umsetzen. Die Zusammenarbeit ist seitdem von gegenseitigem Respekt geprägt und macht einfach Spaß. Wir entwickeln für Lichius überwiegend konzeptbezogene Machbarkeitsstudien und städteräumliche Strukturanalysen. Und dann schauen wir gemeinsam, wie sich die Projekte an den einzelnen Standorten umsetzen lassen.
Das neue innenarchitektonische Konzept bei Schmale Architekt: Das Büro hat sich in eine grüne Oase verwandelt, in der die Mitarbeiter mit den sie umgebenden Pflanzen auf Augenhöhe in Kontakt treten.